HR-Trends 2024 HR muss Mental Health ernst nehmen

Ein Interview mit Sebastian Herbst

Sebastian Herbst über HR-Trends 2024, wirksame Mental-Health-Lösungen jenseits von Yogakursen, über Leadership Development, HRler:innen als Change Agents und falsche Benefits.

 

Sebastian Herbst
COO Orbitak AG
Geschäftsführer Roth Institut
 

Unsere Welt unterliegt ständigem Wandel – und HR hat eine lange Hausaufgabenliste. Welche Themen sollten also 2024 ganz oben stehen, und was waren die (HR-)Überraschungen des Jahres 2023? Wir haben mit jemandem gesprochen, der sich mit der Arbeitswelt der Zukunft, Führung und Change Management bestens auskennt: Sebastian Herbst, COO der Orbitak AG, Geschäftsführer des Roth Instituts und Managementberater.

Lesen Sie außerdem in unserer Interviewreihe, welche HR-Trends Bilal Zafar und Prof. Dr. Armin Trost für 2024 sehen.

Bevor wir Sie um einen Blick in die HR-Glaskugel bitten: Was war der wichtigste HR-Trend 2023?

„Eindeutig Mental Health und Stressmanagement! Und diese Themen werden uns auch 2024 beschäftigen.“

… und die größte Veränderung, die es in diesem Jahr in den HR-Abteilungen gegeben hat?

„Die Rolle von HR hat sich verändert – hin zum selbstständigen Lösungsanbieter. HR ist für den unternehmerischen Erfolg wichtiger denn je. Entsprechend haben sich viele Personalabteilungen neu aufgestellt und sind noch einen Schritt weiter gegangen.

Die größte Überraschung 2023 war für mich, dass das Thema hybride Zusammenarbeit temporär vom Radar vieler Personaler:innen und Führungskräfte verschwunden zu sein scheint. Oft fehlt ein Konzept für die Organisation des Zusammenspiels von Remote und Office. Während der Pandemie haben wir ganz viel darüber diskutiert, wie virtuelle Zusammenarbeit gelingt. Jetzt, nach Corona, sprechen wir darüber, ob und wie alle wieder ins Büro kommen.“

Was braucht es also 2024 für erfolgreiche hybride Zusammenarbeit?

„Es gibt kein Patentrezept. Vielmehr geht es darum, Führungskräfte zu stärken und mit den Teams im Dialog Konzepte auszuarbeiten. Und da sehe ich gerade bei vielen Unternehmen, dass sie nicht wissen, wie sie loslegen sollen – und das Thema dann auf Eis legen, obwohl es ein Riesenthema ist. Hier muss HR Treiber sein. Es braucht Schulungen und Empowerment – und HR als strategischen Partner. Hybride Zusammenarbeit erfolgreich zu organisieren, ist eine enorme Chance, auch im Kontext von Stressmanagement.“

Sie sagten eingangs, Mental Health und Stressmanagement werden HR auch 2024 beschäftigen …

„Genau. Diese eben nicht effiziente, hybride Arbeitsorganisation zusammen mit weiteren Stressoren aus dem organisationalen Umfeld – zum Beispiel Komplexität und Termindruck – und Stressoren aus der Umwelt – Krise, Krieg – machen unsere Arbeitswelt immer belastender. Da müssen 2024 dringend Lösungen her, HR muss Mental Health und Stressmanagement ernst nehmen.“

Und wie sehen solche Mental-Health-Lösungen konkret aus?

„Ich meine damit keinen Yogakurs. Es braucht vielmehr ein operationalisiertes Instrument, damit die Mitarbeitenden Stressmanagement bearbeiten können. Wir müssen von reinen Impulsen für mentale Gesundheit hin zu wirksamen Selbstmanagement-Tools kommen. HR muss den Menschen ein Framework an die Hand geben, damit sie sich mit Mental Health auseinandersetzen, reflektieren, Maßnahmen planen und in die Umsetzung gehen können.“

Welche Themen sollte HR 2024 noch angehen?

„Auf jeden Fall Leadership Development. HR muss die Führungskräfte stärken, und dafür braucht es neue, hybride Qualifizierungsprogramme. Also eine bewusste Kombination von Präsenz, Live-Onlinemodulen und digitalen Lernmanagementsystemen – das Beste aus allen Welten in einer Leadership Journey.“

Mit welchem Benefit können Arbeitgeber 2024 wirklich punkten?

„Die Stärkung der intrinsischen Motivation.Also Dinge, die die Mitarbeiter*innen nachhaltig motivieren und im Zusammenhang mit der Aufgabe, dem Team etc. stehen. Der Benefit-Korb ist mit materiellen Benefits bereits ordentlich gefüllt. Jenseits davon braucht es für die Talentgewinnung und -bindung nachhaltige Belohnung in Form von erfüllenden Aufgaben, Verantwortung und Kollaboration. HR sollte 2024 also die Motivationsbereiche Führungskultur, Zusammenarbeitskultur, Performancekultur und Fehlerkultur in Angriff nehmen.“

Und welche Superkraft brauchen HRler:innen im kommenden Jahr bei all den Herausforderungen?

„Personaler:innen müssen in Zukunft Change Agents sein. Es droht ein Change Overload in Organisationen. HR muss tieferes Know-how rund um Change Management aufbauen und dann den Führungskräften in den großen Transformationsprojekten als wirkliche, interne Beratung zur Seite stehen. Spätestens, wenn die Frage aufkommt, wie wir die Menschen mitnehmen, geht der Blick automatisch zu HR. Und wenn HR dann nicht vorbereitet ist, hat man die Chance verpasst, mit am großen Tisch zu sitzen.

Hier wünsche ich allen Personaler:innen die fachliche Stärke und Überzeugungskraft im Dialog mit Führungskräften und Entscheider:innen. Damit sie an den wirklich wichtigen Handlungsfeldern arbeiten und die richtigen Dinge tun können. Mein Appell an alle HRler:innen: Bleibt weiter dran!“

Vielen Dank für das Interview, lieber Herr Herbst!
 

Lust auf weitere HR-Trends und Denkanstöße für das Jahr 2024?
Dann lesen Sie doch direkt weiter: Wir haben auch mit HR-Vordenker Prof. Dr. Armin Trost und KI-Guru Bilal Zafar zu den HR-Themen der Zukunft gesprochen.
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Zur Person

Sebastian Herbst ist COO der Orbitak AG und Geschäftsführer des Roth Instituts, Management Berater mit Schwerpunkt Arbeit der Zukunft, Führung & Change Management, Dozent an der Hochschule Bremen mit mehrjähriger Führungserfahrung und Erfahrung im Bereich HR. Als Autor von Führungs- und Change-Management Literatur hält er regelmäßig Vorträge zu aktuellen Themen, z.B. für den Bundesverband der Personalmanager und untersucht seit vielen Jahren, wie die Arbeit der Zukunft aussehen kann, räumlich und organisatorisch.

www.roth-institut.de

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